Histamin im Wein – was ist dran?

Von Daniel Münster (REWE-Weinfreunde-Magazin) und FuW-Mitglied Hannes Rehm

Das Thema Histamin beschäftigte uns FuWies bei unserer Jahreshauptversammlung in Frankfurt. Unser Gastreferent, Bio-Winzer Andreas Roll, versorgte uns dazu mit aktuellen Informationen und berichtete anschaulich aus der eigenen Keller-Praxis.

Histamin hört sich als Begründung eigentlich recht glaubhaft an, wenn jemand am Morgen nach der Flasche Rotwein mit Kopfweh und Übelkeit zu kämpfen hat. Tatsächlich ist damit nur in verschwindend wenigen Fällen der wahre Übeltäter ausgemacht. Ähnlich wie die Sulfite zählen Histamine zumeist unberechtigt zu den üblichen Verdächtigen, wenn es um Beschwerden am „day after“ geht.

Bereits die reine Statistik verschafft dem Histamin ein gutes Alibi, denn Experten geben an, dass lediglich ein Prozent der Bevölkerung an einer Histamin-Unverträglichkeit leidet. Unter diesem Prozent befinden sich – die Damen müssen nun stark sein – zu 80 Prozent Frauen. Entgegen eines weiteren Vorurteils handelt es sich eben nicht um eine Allergie im klassischen Sinne, sondern um eine Unverträglichkeit, die wiederum allergische Reaktionen auslösen kann.

Unverträglichkeit bei zu hoher Menge

Der menschliche Körper stellt aus der Aminosäure „Histidin“ selbst Histamin her und setzt es als Botenstoff ein, der beispielsweise den Schlaf-Wach-Rhythmus regelt. Als Botenstoff wirkt das Histamin ebenso bei allergischen Reaktionen und Entzündungsreaktionen mit. Histamin erfüllt also wichtige Aufgaben und wird erst dann zum Problem, wenn zuviel davon im Körper vorliegt. Das wiederum hat seine Ursache im Fehlen eines „Diaminoxidase“ (DAO) genannten Enzyms, das für den Abbau des Histamins verantwortlich ist. Somit gilt es für die Betroffenen, möglichst wenig zusätzliches Histamin mit der Nahrung aufzunehmen. Zu den Köstlichkeiten, die Histamin enthalten, zählen leider Salami und Schinken, harte Käsesorten … und eben auch Wein.

An dieser Stelle ein paar Zahlen zur Aufklärung: Ein Liter Weißwein enthält weniger als ein Milligramm Histamin, ein Liter Rotwein maximal das drei- bis vierfache. Bestimmte Lebensmittel bringen dagegen bis zu 250 Milligramm pro 100 Gramm auf die Histamin-Waage. Für Histamin-empfindliche Personen kann es bereits ab 0,6 mg problematisch werden. Allerdings ist beim Wein nicht nur an die Histamine zu denken, sondern auch an den Alkohol. Er hemmt die Tätigkeit jenes Enzyms – das bereits genannte DAO – welches für den Histaminabbau zuständig ist. Zudem kann der Alkohol auch bereits im Körper vorhandene Histamine freisetzen.

Wie kommt Histamin in den Wein?

Allgemein entstehen Histamine, wenn Lebensmittel fermentiert werden oder ein Gärprozess an der Herstellung beteiligt ist. Das bedeutet für Wein, dass bereits gänzlich überreifes Traubenmaterial bei der Lese für einen Histaminanstieg sorgen kann. Naheliegend, dass somit auch lange Maischestandzeiten für einen erhöhten Histaminanteil verantwortlich sein können. Auch eine Reifung im Holzfass lässt den Histamingehalt ansteigen.

Noch entscheidender ist der Biologische Säureabbau (BSA), auch malolaktische Gärung genannt, bei dem die Apfelsäure im Wein zu Milchsäure umgewandelt wird. Je nachdem welcher Bakterienstamm da am Werke ist, kann es gleichfalls zu einer Erhöhung des Histaminanteils kommen. Da Weißweine generell weniger Histamin enthalten und zudem deutlich seltener diesen Prozess des Säureabbaus durchschreiten, kann man mit der Faustregel „Weißwein enthält weniger Histamin als Rotwein“ schon vielen Weinfreunden weiterhelfen. Ist der Wein in Flaschen abgefüllt, verändert sich der Histamingehalt nicht mehr.

Wein ohne Histamin, geht das?

Ja und nein. Winzer, die bewusst bei den oben beschriebenen Herstellungsschritten auf die Vermeidung von Histamin achten, können Weine anbieten, die nahezu histaminfrei sind. Die in solchen Weinen enthaltene Menge liegt quasi unterhalb der Nachweisgrenze von 0,25 mg/Liter.
Manche Winzer lassen den Histamingehalt ihrer Weine prüfen. Bei Histaminfreiheit erhalten sie ein sog. HistCheck-Zertifikat. Unser Referent, Andreas Roll vom Gustavshof in Rheinhessen, einem Demeter-Betrieb mit 20 ha Rebfläche, ist einer davon. Der Bio-Winzer beschreitet diesen Weg und kann seine Weine auf dem Etikett mit dem HistCheck-Label versehen. Ein Plus an Information für jene Kunden, die Wein „unbeschwert“ genießen möchten.

Quellen: