Fürst von Metternich und das Protokoll

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Eine geniale Idee wurde 200 Jahre alt.

Am 9. Juni 1815 ging der Wiener Kongress zu Ende. Anlässlich dieses 200-jährigen Jubiläums hatte die Sektkellerei Fürst von Metternich (Wiesbaden) im vorigen Jahr eine Sonder-Edition produziert. Und weil ein Schaumwein, wenn handwerklich perfekt gemacht, nicht über Nacht fertig ist, sondern seine Zeit braucht, sind die nur 500 Flaschen nun trinkfertig.

Kürzlich durfte ich während eines geschäftlichen Besuches auf Schloss Johannisberg aus der Flasche Nr. 303 probieren und war erstaunt über den köstlich prickelnden Riesling-Sekt, der nach aller Kunst der traditionellen Flaschengärung hergestellt wurde. Der Sekt in Natur-Brut zeigte sich schlank, elegant, fruchtig und mit feinsten Hefenoten. Als Schaumwein-Liebhaber verzichte ich auf weitere Ausschweifungen, da das Produkt ohnehin nie in den Verkauf kommen wird. Lediglich einem sehr kleinen Kreis wird zu ganz besonderen Anlässen davon angeboten.

Was hat Fürst Metternich jedoch mit diesem Wiener Jubiläum zu tun?

Diese Frage hat mich schon vor Jahren beschäftigt. Als Trainer für zeitgemäße Umgangsformen sind mir die traditionellen Verhaltensregeln und Rituale – vor allem in besonders konservativen Gesellschaften – nicht fremd. Diese wunderbare Metternich Cuvée Limitée „entführt“ mich gedanklich in die Zeit, als der Wiener Kongress in Planung war.

Alle Staatsoberhäupter sollen sich in Wien treffen um Europa neu zu ordnen. Kaiser Franz I. von Österreich bat seinen Staatskanzler Clemens Wenzeslaus Lothar Fürst von Metternich-Winneburg sich dahingehend Gedanken zu machen, wie ein solch überdimensionales Ereignis erfolgreich von statten gehen könne. Niemals zuvor gab es eine vergleichbare Veranstaltung.

Fürst von Metternich-Winneburg kam auf die Idee des Protokolls. Wie es heute noch weltweit bei jedem Treffen auf Staatsebene üblich ist, wurde im Vorfeld alles genau besprochen und festgelegt. Allen Beteiligten wurde das Papier dann vorab ausgehändigt. Jeder wusste somit vorher schon genau, was wann wo mit wem passiert. Wer wann was wie sagen wird, oder wer wann wo zu sein hat und wer mit wem wie lange was bereden wird. Selbst bei Tisch war geregelt wie lange man mit dem Sitznachbarn zur linken spricht und wann man zur rechten Seite wechselt, usw.

Was sich zunächst umständlich anhören mochte, stellte sich in der Praxis als genialer Schachzug heraus. Zum ersten Mal kamen die Oberhäupter des Kontinents zusammen ohne mit anschließender Kriegserklärung auseinander zugehen. Für die Völker Europas ein unvorstellbarer Gewinn, denn zum ersten Mal hatten sie nach einem Staats-Treffen nicht mit Hunger, Elend und Tot zu kämpfen. Grenzverschiebungen gab es natürlich auszuhalten, dies mochte jedoch besser sein als erneut in einen Krieg zu ziehen. Man sprach von einem unglaublichen Erfolg, gemessen an den Dimensionen, die auch Inhaltlich in diesen 9 Monaten verhandelt wurden.

Dem Protokoll ist es zu verdanken, dass die Menschen gut miteinander kommunizieren konnten und darüber hinaus auch kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren überwanden. War früher der Handschuh allzu schnell dem andern vor die Füße geworfen, konnte man nun dank des Protokolls aufs Säbelrasseln verzichten und weiteren diplomatischen Beratungen eine Chance geben. Heute noch Handeln im Vorfeld die Staatssekretäre alles aus. Eine Monatelange Arbeit die auch Platz für die Eigenheiten Ihrer „Chefs“ lässt und die ein oder andere persönliche Befindlichkeit vorab zum Thema macht, sodass beim späteren Zusammentreffen kein Gesichtsverlust riskiert werden muss.

Kaiser Franz I. war über den Ausgang so glücklich, dass er seinem Staatskanzler aus Dankbarkeit die Domäne Schloss Johannisberg im Rheingau schenkte.

So schließt sich der Kreis und mit dieser kleinen Erfolgsgeschichte (und die gesamte Weinwelt hat weiß Gott sehr viele Erfolgsgeschichten) schmeckt diese ausgezeichnete Cuvée Limitée gleich auch noch viel besser.

So kann ich jedem Besucher nur wünschen, dass er eine „Mindestens-Wichtigkeit“ mitbringt, um ebenso in den Genuss des besonderen Jubiläums-Sekt zu kommen.

Wenn nicht, ist es in jedem Fall angebracht beim nächsten Anstoßen wenigsten einmal kurz an die Geniale Erfindung des Protokolls zu denken.