Burgunder Grand Cru Verkostung „2009 Clos de Vougeot“

Die Mainzer Weinhändlerin Christine Hummel-Albinus hat am 25.11.2016 zu einer besonderen Pinot Noir Probe eingeladen:

Clos de Vougeot aus dem sehr guten Jahrgang 2009 mit Beispielen von fünf renommierten Domaines.

Während des halbstündigen Fußmarsches von der Mainzer Neustadt bis zum Maison Albinus in Gonsenheim resümierte ich meine Clos de Vougeot Vita und kam zur Erkenntnis: Es ist der Grand Cru zwischen Hochgenuss und hohem Lehrgeldverschleiß. Bei 65 Besitzern auf 50 ha verteilt gibt es leider auch die Grand Krux was sich leider nie am Preisschild erkennen lässt. Böse Zungen würden sogar behaupten, dass die Passé Composé Form des Verbs croire (= glauben) in Vougeot gebildet wurde. Die inhomogene Qualität der Weine reicht daher von schwerfälliger Gerbstoff-Kröte bis zu feingliedriger Pinot Eleganz. Um mehr vom Hochgenuss zu erleben, ist die regelmäßige Anwesenheit bei den Grands Jours de Bourgogne sehr förderlich. Mittlerweile haben sich ca. ein Dutzend Vignerons für zuverlässige Top Qualitäten dieser Appellation in meinem Hinterkopf etabliert.

Der Besuch des Schlosses Clos de Vougeot mit anschließender Lagenwanderung gehört alle zwei Jahre zu unserem Pflichtprogramm während der Grands Jours. Der Weinberg in seiner heutigen Form entstand nach mehreren Landschenkungen zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert. Ursprünglich war hier eine Grangie der Abtei Cîteaux, der Gründung des Zisterzienserordens. Die Mönche sollen in ihrem Weingarten die ersten wissenschaftlichen Experimente angestellt haben, welche Rebsorten sich auf welchen Böden optimal zum Anbau eignen, und wie man die Reben im Weingarten behandeln müsse. Aufgrund dieser historischen Entwicklung gilt der Clos de Vougeot als Wiege des Terroirgedanken. Der Ort Vougeot wurde nach dem kleinen Bach Vouge, der Vougeot von Chambolle-Musigny trennt, benannt.

Kurz vor dem Ziel ertappe ich mich beim Gedanken an das anschließende leibliche Wohl aus Christines Küche. Mit ihrem kulinarischen Talent schafft sie es stets auf Augenhöhe der Weinauswahl zu kochen. Mmmh, es könnte ja wieder mal ein… Et voila, sie hat es wieder gemacht! Beim Öffnen der Haustür berauschte mich schon der zarte animalische Küchenduft ihres berühmten Boeuf Bourguignon – ein Grand Cru de la cuisine.

Der Verkostungsraum wurde professionell vorbereitet, d.h. die 5er Weinserie wurde in beliebiger Reihenfolge 30 Minuten vor der Degustation verdeckt in edle Burgunderkelche eingeschenkt und dann ging es endlich zu leisen Klängen von Vivaldis Vier Jahreszeiten los.

Nach der intensiven Probe gab es unter den Gästen eine anregende Besprechung der einzelnen Weine, siehe weiter unten unter „Notizen“. Zum Finale sollte jeder Teilnehmer die Weine den nun genannten Domaines auf der ausgehändigten Liste zuordnen. Mon dieu, jetzt hieß es sämtliche Register ziehen – aber auch fertig werden, denn das Boeuf B. dürfte sicher á point sein. Am Ende der burgundischen Trainingseinheit konnte ich glücklicherweise zwei Treffer landen. Die Domaines Daniel Rion und d’Ardhuy gehören schon lange zu meinen Favoriten und glänzten daher wieder mit markanten Charakterzügen bei limbischer Präsenz. Merci für diesen Meilenstein auf dem Wanderweg der großen Weine. Lujo kündigte an, die fünf Ersatzflaschen im Keller zu belassen, um sie in 10 Jahren noch einmal zu verkosten. Das klingt nach einem weiteren Meilenstein.

Meine Notizen:

Domaine, Ort ; Flächenanteil Clos de Vougeot in ha

Domaine d’Ardhuy, Corgoloin ; 0,6
N: sehr vielschichtig, Morello, Kardamom, Muskat, Thymian, Bitterschoko
G: sehr verschlossen, feine vordergründige Tanninstruktur, würzig fruchtiges Finish

Domaine Daniel Rion, Nuits-St.-Georges ; 0,73
N: viel Brombeere, etwas Bitterschoko mit Espresso, dezente Veilchennote;
G: straffes Tannin, markante Säure, danach endlose Länge aus Brombeere, Lakritz und Bitterschoko

Domaine de la Vougeraie, Nuits-St.-Georges ; 1,55
N : Viel Cassis und Morello, feuchtes Laub, Walnuss
G: Kraftpaket aus Säure, Tannin und Alkohol, Finish dominiert von Nuss und Schoko

Domaine Anne Gros, Vosne-Romanée ; 0,93
N : reife Kirschen, Haselnuss, Milchschoko
G : feine Tanninstruktur, fruchtiger Auftakt, nussig bitterer Nachklang

Domaine Bertagna, Vougeot; 0,31
N: Kirschen in Aceto Balsamico eingelegt mit Bitterschoko
G: weiche, mittlere Geschmackfülle, sehr zugänglich, viel reife Kirsche im Nachklang